VOGALONGA 2006 ...mit dem Faltboot durch Venedig

Mit dem Faltboot durch Venedig, das wollten wir immer schon einmal.

Na klar! Warum nicht? Da gibt es doch die VOGALONGA.

 

Die Vogalonga, das bedeutet soviel wie „langes Rudern" gibt es schon seit 1974.

Findet einmal im Jahr, meistens im Mai oder Anfang Juni statt. Und sie ist eigentlich eine Protestinitiative venezianischer Ruder- und Gondolierevereine. Ein Protest gegen die zunehmende Zerstörung der Lagunenstadt durch den Wellenschlag den die überhand nehmende Motorisierung zur Folge hat.

Eine Demo durch Venedig mit ca. 1500 anderen Booten. Cool. Die Vaporettos (Wasserbusse) haben an diesem Tag Ruhetag.

30 km rudert und paddelt sich der Demonstrationszug durch Venedig zu den vorgelagerten Inseln, und schließlich wieder zurück. Start und Ziel sind jeweils das Markusbecken. Unmittelbar vor dem Markusplatz.

Die diesjährige Vogalonga fand statt am 04.06.2006

 

Nein, was für eine Aufregung! Haben wir auch nichts vergessen? Noch mal kontrollieren; „Emma"(das Faltboot) komplett, Paddel (eins extra zur Reserve), Spritzverdeck und Schwimmwesten, die Startnummer (Anmeldeformalitäten habe ich vorher per Internet erledigt)* und schließlich genügend Mineralwasserflaschen.

Früh, ganz früh geht es los. 6.55 Uhr zeigt die Uhr als wir in Fusina starten. Hier auf dem Festland befindet sich unser Campingplatz und wir müssen erst die6 ½ km rüber nach Venedig paddeln.

Um diese Zeit ist es noch ganz still auf der Lagune. Beim Anblick des spiegelblanken azur schillernden Wassers werde ich ganz sentimental. „Azuro" dieses herrliche Lied von Paolo Conte, welches der Celentano so toll interpretieren kann, kommt mir in den Sinn.

Derweil nähern wir uns Venedig. Sehen andere Ruderer und Paddler. Immer den Turm des Dogenpalastes vor Augen erreichen wir das Markusbecken gegen 8.00 Uhr.

Na hier ist ja vielleicht was los! So viele geschmückte, auch die „Emma" wurde herausgeputzt, Boote. Hier versammeln sich Italiener, Franzosen, Holländer, Ungarn, Amerikaner und Briten, Deutsche und sogar ein chinesisches Boot. Hab bestimmt noch ein paar vergessen. Die Stimmung ist unvergleichlich. Alle warten auf das Startsignal. Ein Böllerschuss um 9.00 Uhr soll es sein.

Dann plötzlich versucht ein Wassertaxi, natürlich motorisiert, sein Ziel am Markusplatz zu erreichen. Ein gellendes Pfeifkonzert der Massen ist die Folge. Schließlich dreht es ab und sucht das Weite.

10 vor neun. Der Count-down beginnt. 5 vor neun. Nun wollen doch alle los. Dann endlich. Pünktlich um 9.00 Uhr ertönt der Böllerschuss. Die Glocken von San Markus höre ich kaum, weil das Gejohle der anderen Teilnehmer so laut ist. Na gut, auch ich johle mit.

Schnell finden wir unseren Rhythmus. Links, rechts, links rechts. Das Feld zieht sich auseinander. Die Ruderer und Drachenboote hängen uns ab. Gegen die haben wir keine Chance. Hier geht es aber auch nicht um den Wettbewerb.

Der Genuss und der Spaß stehen im Vordergrund. Und natürlich das Anliegen der Vogalonga.

Viele Teilnehmer haben nicht nur ihre Boote, sondern auch sich selbst geschmückt. Wir sehen einen Damenvierer in venezianischen Karnevalskostümen. Dann die Jungs aus Holland in Arztkitteln samt Mundschutz und Gummihandschuhen. Die Italiener oft in ihrer Vereinstracht mit dem großen Strohhut. Ein Drachenboot aus Deutschland. Die sehen aus wie Wikinger.

Nach ca.15 km erreichen wir Burano. Hier werden kostenlos Wasserflaschen verteilt und viele nutzen die Halbzeit für eine Vesper. Uns geht es aber gut und wir „ziehen" durch. Nun geht es Richtung Murano. Während in Burano, eine kleine Insel mit Fischerhütten, nicht so viel los war sieht es in Murano schon ganz anders aus.

Die Insel Murano ist bekannt durch ihre Glasbläserzunft. Schon im 13.Jahrhundert wurden alle Glasbrandöfen von Venedig hierher verlagert. Neben Brandschutzgründen spielte wohl auch die Geheimniskrämerei um die Glasbläserei eine große Rolle. Die gutbezahlten Glasbläser lebten hier wie Gefangene und schufen sich ihre eigene kleine Welt.

Unser Tross zieht vorbei an den pittoresken Häusern; gelb und rot dominieren. Auf den Brücken und an den Ufern stehen Mengen an Zuschauern. Mit „-Bravi, Bravi"-Rufen feuern sie jedes Boot an. Sie wissen; wir brauchen schon ein bisschen Motivation.

Nun haben wir wieder Venedig vor Augen. Aber es sind sicher noch 5-6 km bis zum Canale di Cannareggio der Einfahrt zur venezianischen Altstadt.

Links, rechts, links, rechts. Kaum sichtbar aber dann doch erreichen wir wieder die Lagunenstadt.

Hier an einer Brücke kommt es zum Stau. Die Ruderer, meistens Rückwärts unterwegs brauchen doch schon eine Menge Platz. Es kommt schon mal zu kleineren Karambolagen. Aber alles geht gut.

Wieder die vielen Zuschauer; „Bravi---Bravi" . Dann hinter uns ein ohrenbetäubendes Grollen. Ein großes italienisches Mannschaftsboot. Die Ruderer haben ihre Riemen aufgestellt und klopfen damit auf den Bootsboden. Die Zuschauer toben.

„Bravi---Bravi" immer wieder. Jedes Boot wird so begrüßt. Und das Schauspiel wiederholt sich. Wir deuten diese Geste nur an, die „Emma" ist halt nur ein Faltboot.

Nun der Canale Grande. Hier dominieren die Touristen. Wir werden von deutschsprachigen Touris angesprochen; „Emma – ist doch bestimmt ein deutsches Boot?", „Ja", „Was ist denn hier los?" Wir versuchen es kurz zu erklären. Dann die Rialto-Brücke. Die Stimmung ist phänomenal, so manchen treibt es die „Tränen der Rührung" in die Augen. Wir genießen diese Stimmung und das Paddeln durch Venedig.

Die professionellen Gondoliere machen das Geschäft des Jahres. Sind sie doch mit ihren Booten, die einzigen öffentlichen Verkehrsmittel zu dieser Zeit.

Gegen halb 2, nachmittags trudeln wir nun wieder in das Markusbecken. Welch ausgelassene Stimmung. Auch haben wir nun ordentlich Kabbelwasser hier im Hafenbecken. Der Wind hat zugenommen und es fahren auch schon vereinzelt wieder Motorboote.

Die Organisatoren der Vogalonga haben einen Ponton verankert. Sie verteilen an die Ankommenden Medaillen und Urkunden. Es ist gar nicht so einfach, durch das auf und ab der Wellen sich die Plastikrolle, in der diese stecken, zu schnappen.

Wir haben es geschafft! Und sind es auch. In einem kleinen Seitenkanal genießen wir eine kleine Pause und vertreten uns die Beine.

Die 6 ½ km zurück zum Campingplatz haben es noch mal in sich. Hier hat der Wind, der nun kräftiger bläst, freie Bahn. Mit „langen" Armen und schmerzenden Popo kommen wir nach etwa 43 km wieder an.

Am Abend sitzen wir noch mit anderen zusammen und erzählen von diesem Erlebnis.

Dann kommt mir ein Gedanke; ‚mit dem Faltboot durch Paris?’

Mit dem Faltboot durch Paris, das wollten wir schon immer mal. Na klar! Warum nicht? Da gibt es doch die Traverse de Paris.

Das ist aber eine ganz andere Geschichte.

 

Seid gegrüßt vom André Micheel

 

* Info: http://www.vogalonga.it/

Angemeldet haben wir uns auf der italienischen Seite der Vogalonga. Das war etwa Anfang Mai.

Auf der Homepage wird man durch das Anmeldeverfahren geführt. 13.- € hat es gekostet. Ich habe mit VISA bezahlt. Da bekommt man gleich per e-mail die Bestätigung. Am Samstag vor der Veranstaltung haben wir uns, am Markusplatz (Pavillon am Wasser bei den Vaporettos) die Startnummer abgeholt. Es gibt dann noch ein T-Shirt und ein großes Poster. Auch haben sich noch einige an diesen Samstag erst angemeldet. Das geht also auch.

 

 

 

 

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